Der dreigeschossige Satteldachbau mit einseitigem Halbwalm in Ecklage zeigt seine Giebelseite zum Marktplatz. Das massiv in Bruchsteinmauerwerk errichtete Erdgeschoss ergänzen Werksteinrahmungen aus mehreren Bauphasen. Den bergseitigen Giebel und die bergseitige Traufseite hat man in Buntsandstein und Ziegeln ausgeführt. Die teilweise vorkragenden Fachwerkobergeschosse wurden mehrfach umgebaut.
Die dem Schnatterloch zugewandte Seite des nach 1360 über nahezu quadratischem Grundriss erbauten Hauses zeigt größtenteils noch das bauzeitliche Fachwerk, während die Marktplatzseite mit konstruktivem Fachwerk umgebaut wurde. Unter dem Haus und bergseitig im Anschluß an das Erdgeschoß finden sich, je zwei größere Gewölbekeller, die an den Fels anschließen.
Die oberen Geschosse des Wohnhauses sind mit je vier etwa gleich großen Räumen pro Geschoss gegliedert, während das EG vermutlich als „ein großer Raum“, mit einer Mittelstütze und der Treppe, die zum Obergeschoss führt, erbaut wurde. Der ursprüngliche Treppenaufgang und die Mittelstütze sind nicht mehr vorhanden wohl aber das stützende Sattelholz. Auch Teile der bauzeitlichen Boden- und Deckenkonstruktionen sind mit den dazugehörigen Fassungen noch erhalten. Lediglich das Dachwerk wurde in der Nachkriegszeit ersetzt.
Übergang von der Ständerbauweise zur Stockwerksbauweise
Dieses Haus ist im 14. Jahrhundert in der Übergangszeit von der Ständerbauweise zur Stockwerksbauweise (auch Rähmbauweise genannt), die sich erst im 15. Jahrhundert durchsetzen konnte, gebaut worden. Die meisten heute erhaltenen Fachwerkhäuser sind in Rähmbauweise errichtet.
Der Rähm ist der obere wagerechte Abschluss der Fachwerkwand. Zwischen Rähm und Schwelle jedes Stockwerks befinden sich die Deckenbalken. In der Zeit des Übergangs vom mittelalterlichen zum neuzeitlichen Fachwerk, wurden die Ständer eines Fachwerks nicht mehr mittels Fuß- und Kopfband einzeln verstrebt, sondern im Bund. Hierfür verwendete man nun überblattete Streben in voller Wandstärke. Da Überblattungen keine Zugkräfte aufnehmen können, mußten die entsprechenden Streben paarweise entgegengesetzt angeordnet werden, um Druckkräfte aus beiden Richtungen aufzunehmen. Um das Blatt mit Rähm, Schwelle, bzw. Ständer zu verbinden, erhält das Fachwerk an dieser Stelle eine Aussparung im Holz, die Sasse, die das Blatt aufnehmen kann. Traditionell wurde das Blatt in der Blattsasse durch einen Holznagel gesichert. Die Ständer reichten auch nicht mehr über mehrere Etagen wie bei der älteren Ständerbauweise, sondern die einzelnen Geschosse wurden nun getrennt gezimmert, was auch Vorkragungen ermöglichte.
Die Bundverstrebung besteht jeweils aus zwei Streben von unten (Fußband) gegen den Ständer und diese ggfs. überschneidende Gegenstrebenpaaren von oben (Kopfband). Durch diese paarweisen Verstrebungen entsteht ein stark gegliedertes Fachwerk und damit einhergehende sogenannte Fachwerkfiguren. Mannfiguren dieser Übergangszeit werden im Allgemeinen als „Wilde Männer“ bezeichnet. Der „Wilde Mann“ erscheint als abstrakte Figur eines Menschen mit gestreckten Armen und gespreizten Beinen. Auf der Fassaden Süd-Ostseite sind noch vier „Mann-Figuren“ vom ursprünglichen Fachwerk erhalten. Ebenso im 2. OG die halbe „Mann-Figur“ am linken Eckpfosten, an dem die Fassade ehemals endete. Mehrere Blattsassen am „Rähm“ belegen, daß noch weitere „Mann-Figuren“ vorhanden waren.
Ehemaliger Ausgang zum historischen Marktplatz angedeutet auf der nordöstlichen Fassade
Aus der Zeit um 1558 dürfte die Türöffnung mit dem Rundbogenportal sein, die deutlich auf der nordöstlichen Außenfassade sichtbar ist. Damals war es üblich die Eingangstür an der Frontseite des Hauses auszuführen. Erst bei den Reparaturen im 18. Jahrhundert ist vermutlich die Renaissance-Tür in der südöstlichen Fassade entstanden und die alte Tür mit Sandstein zugemauert worden.
Turmbau mit diagonalen Balken
Auffällig ist die besondere Bauweise des Hauses mit einem Diagonaltragwerk, das sich in einigen Räumen des EG und des 1.OG an den Deckenbalken noch nachverfolgen läßt. Die Konstruktion war ein langer, zum Raum diagonal liegender Deckenbalken, der von der Geschoßmitte bis auf die Gebäudeecke lief. In diesen Balken wurden im 45° Winkel die übrigen Deckenbalken seitlich, mittels einer Verzapfung befestigt. In der Mitte des Hauses liefen die Balken zusammen. Sie wurden von einem Unterzugbalken mit stützendem Sattelholz und einer Säule oder Pfosten getragen. Das Sattelholz aus der Bauzeit ist noch erhalten. Die Stütze fehlt. Diese Bauweise ist im Wesentlichen nur bei Turmbauten angewendet worden. Da etwa zeitgleich in Miltenberg die Stadtürme errichtet wurden, könnte vielleicht ein Turmbaumeister am Bau des Hauses mitgewirkt haben.
Deckenmalereien mit verschiedenfarbigen Begleitstrichen in bauzeitlichen Deckenausfachungen
Eine weitere Besonderheit dieses Hauses sind die vielen noch erhaltenen bauzeitlichen Deckenmalereien. Die Erstfarbgebung von 1360 ist eine dunkelrote Fachwerkfassung mit weißen Füllungsfeldern und zwei schwarzen Begleitstrichen, die sich in den Ecken der Felder kreuzen . Die Fassung wurde im EG und im OG vorgefunden und konnte auf Grund der Altersbestimmung bei der dendrologischen Untersuchung sicher auf 1360 datiert werden. Über der Erstfassung folgen noch weitere Fassungen mit einer grauen Fachwerksichtigkeit und schwarzen Begleitstrichen. Darauf folgt eine nochmalige graue Fachwerkfassung mit orange-roten Begleitstrichen.
Große Rosette oder Blüte in einer Deckenausfachung
Bisher nur an einer Deckenausfachung im 2. Obergeschoß wurde eine großflächige, rote Rosette freigelegt, die an eine Frucht oder Blüte erinnert. Die Rosette ist ein klassisches Ornament der Renaissance und wurde über hundert Jahre lang in vielen Variationen als Hausschmuck genutzt. Über den oben beschriebenen Erstfarbgebungen ist in der Voruntersuchung für das 1. OG eine Fassung mit einer roten Balkenlage und hellen Füllungsfeldern beschrieben. Hierzu wurden auf die Felder rote Ornamente oder Blumen aufgemalt. Da sich diese Rosette oder Blüte jedoch auf einem Feld mit einer grauen Fachwerkfassung und roten und schwarzen Begleitstrichen findet, ist ihre Datierung noch nicht eindeutig. Wenn alle historischen Deckengefache von den darüber liegenden Putzschichten befreit wurden, wird unser Restaurateur mehr Klarheit über Art und Alter der Deckenmalereien gewinnen können. Mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sollen möglichst alle alten Deckenmalereien restauriert und erhalten werden.